„Hunde für Diabetiker und andere Servicehunde“ heißt die bundesweit erste Schule zur Ausbildung von Diabetikerwarnhunden mit Sitz in Osnabrück. Simone Oberenzer, Leiterin der Schule, bildet jeden Hund individuell für einen Diabetiker aus. Und zwar so, dass er anschlägt, sobald der Kranke zu wenig Zucker im Blut hat. Das kann Leben retten. Die Vierbeiner erkennen die Notsituation am Geruch von Atem oder Schweiß des Betroffenen. Dann lecken sie dessen Hand oder bellen, um ihn zu alarmieren. Ist er so weit unterzuckert, dass er sich nicht mehr bewegen kann, bringt ihm der Hund ein Blutzuckermessgerät oder Saft. So kann der Diabetiker den Zuckerspspiegel schnell wieder anheben. Die Hundetrainerin reist zu den Betroffenen nach Hause, da die Hunde von Beginn an im Umfeld des Patienten lernen müssen. Die Diabetiker kaufen auf Empfehlung von Oberenzer einen Welpen, der sich als tauglich erwiesen hat. Einmal pro Woche leitet sie den Hund vor Ort an, an den sechs übrigen Tagen muss der Halter mit dem Hund das Gelernte verfestigen. Die Ausbildung zum Warnhund dauere zwölf bis 18 Monate, so die Expertin.
Rückblickend meint Oberenzer: „Das war kein normales Leben mehr.“ Sie kippte manchmal mehrmals täglich unterzuckert um. Sie leidet an einer Wahrnehmungsstörung und erkennt die Vorboten einer Unterzuckerung daher oft nicht. „Das war lebensgefährlich.“ Ein Professor der Osnabrücker Universität, an der sie Französisch und Theologie studierte, riet ihr: „Kommen Sie erst wieder, wenn Sie Ihre Diabetes im Griff haben.“ Die junge Frau dachte verzweifelt: „Was soll ich machen? Es kann doch nicht sein, dass mein Leben jetzt zu Ende ist.“
Dann erfuhr ihr Verlobter im Fernsehen von den Diabetes-Hunden in den USA. Doch in Deutschland war diese Methode unbekannt. Die Diabetikerin reiste im Frühjahr 2007 in die Staaten und ließ sich zur Hundetrainerin ausbilden. Zurück in der Heimat, begann sie ihren eigenen Hund zu schulen. Bereits nach zwei Monaten schlug Finn im September erstmals bei einer Unterzuckerung an. Seither ist der 15 Monate alte Labrador-Windhund zu 100 Prozent zuverlässig. Das ist ungewöhnlich. Experten gehen normalerweise von einer 80-prozentigen Verlässlichkeit der Warnhunde aus.
„Dass ich Finn vor einem Jahr ausgewählt habe, ist ein Glücksfall. Nur einer von 1000 Hunden kann eine Unterzuckerung erkennen. Finn hat mir meine Freiheit, meine Unabhängigkeit und Sicherheit zurückgegeben. Ich kann wieder ein normales Leben führen und vergesse manchmal sogar, dass ich Diabetes habe“, sagt Oberenzer heute.
Die Geschichte von ihrer erfolgreichen Selbsthilfe sprach sich schnell herum. Diabetiker meldeten sich. Die 27-Jährige schmiss das Studium, um auch anderen Kranken zu einem neuen Lebensgefühl zu verhelfen. Seit kurzem bildet sie beruflich Diabetikerwarnhunde aus und hält bundesweit Vorträge. Zudem trainiert sie Vierbeiner zur Begleitung von Menschen mit psychischen Krankheiten, Bewegungseinschränkungen oder Epilepsien.
Quelle: neue-oz.de
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