Ein Artikel über die Ultraschallkommunikation bei den beliebten Kleinnagern
Nach der Buchvorstellung in der letzten TierZeit sollte uns klar sein, dass verliebte Mäuse singen können. Aber was genau steckt dahinter? Warum singen sie? Nutzen sie den Ultraschall auch in anderen Lebenssituationen? Dieser Artikel soll einen kurzen Einblick in die mysteriöse Welt der Ultraschallkommunikation bei der Hausmaus liefern.
Aber zunächst stellt sich dem ein oder anderen Leser die Frage, was Ultraschall überhaupt ist. Als Ultraschall bezeichnet man Töne, deren Frequenzen über denen liegen, die der Mensch für gewöhnlich wahrnehmen kann. Das menschliche Hörvermögen umfasst im Allgemeinen Töne bis maximal 20 kHz. Einige Ultraschalllaute der Nagetiere liegen nur knapp darüber, doch können sie auch Frequenzen um die 100 kHz zur Kommunikation nutzen und wahrnehmen.
Schon die Heranwachsenden nutzen Ultraschall, obwohl sie bis zum Alter von zehn Tagen taub sind (Ehret, 1976) und sich somit dabei nicht hören können. Vor allem in unangenehmen Situationen stoßen die winzigen Nager Ultraschalllaute aus, die mütterliche Fürsorge induzieren (Hahn and Lavooy, 2005). Auf diese Weise rufen Jungtiere, die plötzlich den Kontakt zu Mutter- und Geschwistertieren verloren haben und animieren so das Muttertier, zu ihnen zu kommen und sie in das Nest zurückzutragen. Diese Rufe werden in der Fachliteratur auch „Pfeifen des Verlassenseins“ genannt (Wöhr). Sie werden von den Jungtieren gezeigt, bis sie ihren Thermohaushalt selbstständig regulieren können und aufgrund des nun vollständigen Fells nicht mehr auf die Nestwärme angewiesen sind. Nach dem 13. Lebenstag verschwinden diese Isolationsrufe (Haack et al., 1983).
Später im Leben als ausgewachsene Mäuseböcke werden die männlichen Nachkommen „von der Liebe inspiriert“ und fangen an zu singen. Wenn sie den Duft einer Dame vernehmen, beginnt ihr zwitschernder Gesang (Musolf et al., 2010), den wir nicht wahrnehmen können, der aber auf unsere Frequenzen umgewandelt stark an den zwitschernden Gesang von Vögeln erinnert. Es wird unter anderem vermutet, dass sie damit die Damenwelt von ihren Qualitäten überzeugen. Im Gegensatz zum Vogelgesang imitieren die Mäuseriche nicht den Gesang ihres Vaters, denn der Gesang ist weitgehend genetisch fixiert (Kikusui et al., 2011).
Auch bei Interaktionen zwischen ausgewachsenen Mausweibchen können Ultraschalllaute vernommen werden (Maggio and Whitney, 1985). Jedoch ist der Gesang der Weibchen bisher recht wenig erforscht. Warum diese Ultraschalllaute geäußert werden, ist daher noch umstritten. Eine Möglichkeit ist, dass sie als Kontaktlaute dienen, die das Partnertier in der Nähe halten sollen, damit das andere Tier es ausreichend lang beschnüffeln kann, um genug Informationen zu sammeln. Diese Theorie steht in Einklang mit einer positiven Korrelation zwischen der Anzahl Ultraschalllaute und der Zeit, die ein Tier damit verbrachte, olfaktorisch zu inspizieren (Moles et al., 2007). Einen vergleichbaren Effekt vermutet man auch für den Gesang der Männchen (Pomerantz et al., 1983).
Vermutlich werden in Zukunft weitere spannende Einblicke in die Welt der Ultraschallkommunikation dieser possierlichen Kleinnager veröffentlicht werden. Haltet also Eure Augen und Ohren offen.
Literatur:
Ehret, G., 1976. Development of absolute auditory thresholds in the housemouse (Mus musculus). J Am Audiol Soc 1, 179-184.
Haack, B.,Markl, H., Ehret, G., 1983. Sound Communication Between Parents and Offspring. In: Willot, J., ed. The Auditory Psychobiology of the Mouse. Springfield: Thomas, C.C. pp. 57-97.
Hahn, M.E., Lavooy, M.J., 2005. A review of the methods of studies on infant ultrasound production and maternal retrieval in small rodents. Behavior Genetics 35, 31-52.
Kikusui, T., Nakanishi, K., Nakagawa, R., Nagasawa, M., Mogi, K., Okanoya, K., 2011. Cross Fostering Experiments Suggest That Mice Songs Are Innate. Plos One 6, 10.
Maggio, J.C., Whitney, G., 1985. Ultasonic Vocalizing by adult female mice (mus-musculus). Journal of Comparative Psychology 99, 420-436.
Moles, A., Costantini, F., Garbugino, L., Zanettini, C., D‘Arnato, F.R., 2007. Ultrasonic vocalizations emitted during dyadic interactions in female mice: A possible index of sociability? Behavioural Brain Research 182, 223-230.
Musolf, K., Hoffmann, F., Penn, D.J., 2010. Ultrasonic courtship vocalizations in wild house mice, Mus musculus musculus. Animal Behaviour 79, 757-764.
Pomerantz, S.M., Nunez, A.A., Bean, N.J., 1983. Female behavior is affectes by male ulteasonic vocalizations in house mice. Physiology & Behavior 31, 91-96.
Wöhr, M.: Ultrasonic vocalizations as a tool for research on emotion and motivation in rodents. http://www.avisoft.com/rats.htm
Artikel von Alex S. aus “TierZeit” Ausgabe 2 http://tier-zeit.de
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